Textile Touches of Escape and Migration

blog

EVENT ZU FASHION DAYS DÜSSELDORF 2023
EVENT ZU FASHION DAYS DÜSSELDORF 2023

Die Stadt Düsseldorf unterstützte unser Projekt mit einer Förderung des Kulturamts für die Workshops und die Wirtschaftsförderung schenkte uns einen Ausstellungsplatz zu den Fashion Days. Wir konnten mit Hilfe der Diakonie Düsseldorf und Mitwirken vieler weiterer Menschen die Projektarbeit in der Innenstadt zum Fashion Festival ohne Budget realisieren. Eine wunderbare und neue Erfahrung für mich persönlich, denn im Business von Mode und Werbung ist mit reiner Menschlichkeit keine Projekt Idee umsetzbar.

Die Präsentation in der Öffentlichkeit zur DFD Festival Edition mitten in der Einkaufszone während der Modemesse gab den Teilnehmerinnen gleichermassen eine Wertschätzung ihrer künstlerischen Arbeit sowie ihrer persönlichen Geschichte. Ganz Frau sein ohne Einschränkungen war für die Teilnehmerinnen mit jüngster Fluchtgeschichte nicht so normal, wie für uns, die wir hier leben. Über Kleidung als Kunst eine individuelle Haltung zu repräsentieren, war für alle neu und ganz besonders.

Als Designer:Innen haben wir viel Neues über Kleidung anderer Kulturen gelernt und in Gesprächen beim Fashion Event weiter geben können. Über Mode, Kunst und Kleidung sind wir in den Austausch mit Passanten aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten gelangt. Integration und Migration als polarisierende Themen in unserer Gesellschaft fanden an unserem Stand einen ungewöhnlichen und harmonischen Ort der Kommunikation. Die Besonderheit der Kleid-Kunst-Werke im Mode-Kontext der Messe Stadt Düsseldorf boten uns eine Plattform mit besonders respektvollem Umgang.

Eine Ballett Inszenierung der HHU Ballet-Company unterstütze unser Event mit ausdrucksstarkem Tanz und holte damit die Aufmerksamkeit der Passanten zu unserer Ausstellung. Dunkle Fluchthemden aus der ursprünglichen Lesbos Idee von Irene transportierten über Bewegung die Emotion von Schmerz, Zerrissenheit und Veränderung. Uwe Schimera hatte seine Installation „EUROPA“ an Puppen dekoriert, die ein permanenter Hingucker vor unserem Ausstellungszelt war. Zur Tanz Performance bildete diese Flucht Szenerie Bühne und Background und wurde zum passenden Intro unserer Darstellung der individuellen Kleid-Kunst-Werke an Büsten oder getragen von den den Teilnehmerinnen selber.

Als rein akustischer Programmpunkt klangen zur Verdeutlichung unserer Gemeinsamkeiten als Menschen die ersten Artikel aus der Charta der Menschenrechte in deutscher Sprache über den Platz. In ihrer jeweiliger Muttersprache trugen unsere Teilnehmerinnen ebenfalls die Artikel der Menschenrechte vor. Im selbst kreierten Flucht-Kleid lasen manche ihre eigenen Texte auf deutsch oder in Muttersprache und formten so das emotionale Highlight unserer Präsentation.

Die ausgedruckten, persönlichen Texte zu den Kleid-Kunst-Werken vermittelten zusätzlich spannende Einblicke ins Erlebte der Teilnehmerinnen. Sowohl unserer Gruppe als auch dem interessierten Publikum, den professionellen Einkäufern der Mode Messe und Diligierten der Stadt ging diese Darbietung unter die Haut. Junge Studierende, die ihre Normalität als Migrant:innen hier erfahren, erzählten älteren Menschen, die hier ihre Kindheit im Krieg erlebten, dass die „europäische Flüchtlingskrise“ für sie in ihrem Heimatland die „große Chance auf Zukunft“ bedeutete. Der Austausch der unterschiedlichen Generationen und Nationen auf emotionaler Ebene an diesem Samstag in Düsseldorf, machte menschliche Annäherung durch Mode, Kunst und Kommunikation in selbstverständlicher und respektvoller Nähe erfahrbar.

Wir inszenierten am 22. Juli quasi unser Fazit, was bereits nach dem ersten Workshop klar feststand: Ängste und Emotionen einer erlebten Flucht und Migration sind absolut ähnlich und vergleichbar. Es sind einfach menschliche Emotionen über jede Landesgrenze und Kultur hinaus. Mit unseren Teilnehmerinnen erlebten wir in diesem Sommer, dass simple Menschlichkeit eine Verbindung und Brücke über alle Grenzen zueinander ist.

Birgit Schwitalla

DER WORKSHOP IN DÜSSELDORF
DER WORKSHOP IN DÜSSELDORF

Irenes Projekt fühlte sich für mich vom ersten Moment komplett anders und komplett richtig an.

Alles, was ich bisher an Jobs gemacht hatte, war nicht vergleichbar – und Alles, was ich bisher beruflich, künstlerisch und privat erlebt hatte, war anwendbar.

Die Fluchtgeschichten meiner Familie im zweiten Weltkrieg aus der Gegend bei Odessa bildeten eine gute Basis für die ganz neue, kostbare Erfahrung in der künstlerischen Herangehensweise zur Verarbeitung des Themas Migration und Integration. Schon immer zolle ich Geflüchteten meinen höchsten Respekt, denn es gibt in meinen Augen keinen mutigeren Schritt, als alles Gewohnte und Geliebte um der Freiheit Willen zu verlassen. Ein Kleid-Kunst-Werk mit der Tragik zum Flucht-Thema aus den prägenden Erzählungen meiner Kindheit entstehen zu lassen, war sicher eine ideale Motivation am Anfang – aber keine Notwendigkeit bei Umsetzung der Vielzahl von Emotionen unserer Teilnehmerinnen. Kernworte, die sich bei unserer Arbeit herauskristallisierten fanden den Weg auf ein Shirt – viele weitere Ideen könnten noch in eine Umsetzung kommen. Irgendwann.

Hier in Düsseldorf waren es die besonderen Menschen, die sofort für Irenes besondere Projekt-Idee zu begeistern waren. Mein Kollege und Freund Uwe Schimera, der seine Unterstützung gleich beim ersten Austausch versprach und den ganzen Sommer verlässlich, emphatisch und kreativ zur Stelle war. Durch ihn, sein Know-How und seine Stoffe haben unsere Ergebnisse und Erlebnisse eine besondere Qualität erhalten.

Sofia Sydow, unsere Kunst Therapeutin mit umfangreichem Wissen auf menschlicher, künstlerischer, beruflicher und internationaler Ebene, erfuhr und verarbeitete mit uns gemeinsam die emotionale Tiefe und Unterschiedlichkeit der erzählten Fluchtgeschichten unserer Teilnehmerinnen aus 13 Ländern.
Elke Wisse vom WELCOME POINT der DIAKONIE DÜSSELDORF war mit der Zusage der Räumlichkeiten ebenfalls vom ersten Moment an eine tragende Säule der Realisierung. Mit all ihren Erfahrungen, Kontakten und ihrer menschlicher Nähe zu Geflüchteten ebnete sie uns beruflich und persönlich engagiert als Leiterin des Standorts sehr viele Wege.

Zur Einführung in die Workshops hatten wir sieben Dekaden pure Weiblichkeit im Alter von 12 bis 73 Jahren im Raum. Die Stimmung um das Thema Flucht und Migration erreichte uns alle gleichermaßen intensiv im Austausch von gemeinsamem Lachen bis befreiendem Weinen. Irene hat Emotion in den Fokus ihres Projekts gesetzt – und so haben wir die Emotion um das individuell Erlebte heraus gearbeitet und in einen Karton geschrieben, der wie ein Tagebuch oder eine Schatzkiste jederzeit geöffnet und verschlossen werden konnte. Unsere gemeinsame, kreative Arbeit fing mit bunten Farben, heimatlichen Flaggen, unterschiedlichsten Muttersprachen und Geschichten an – wir teilten sehr schnell ein emotionales Miteinander ohne uns näher zu kennen … und trafen uns nach kürzester Zeit in freundschaftlicher Verbundenheit beim Austausch der Text- und Kleider Ideen und bei der großen Auswahl an Stoffen aus Uwes Atelierbeständen. Die erlebten Geschichten der Frauen kannten keine Grenzen in den Gesprächen – obwohl alles Erlebte an Grenzen stieß und grenzwertig war.

Der magische Flow dieser ersten Veranstaltung trug uns durch alle Hürden der Umsetzung in den nächsten Wochen. Die sensibel und offen geteilte Emotion der ersten Begegnung ließ gelegentlich aufkommende Konflikte schon vor dem Entstehen wieder verstummen. Es war eine freundschaftlich-friedliche Stimmung in gegenseitigem Verständnis. Wo sonst in vergleichbaren Situationen kleine Missverständnisse schnell die Zusammenarbeit beenden würden, fanden hier im vertrauensvollen Miteinander neue Freundschaften einen Anfang.

In wechselseitigem Vertrauen vermischten sich weibliche Inspirationen und textiles, westliches Couture Material mit arabischen, persischen, russischen, bolivianischen, aserbaidschanischen, kasachischen, irakischen, kurdischen, marokkanischen, algerischen, syrischen, ukrainischen und deutschen Gefühlen von Traurigkeit, Hoffnung, Würde, Angst und Freiheit. Die unterschiedlichen Texturen, Farben und Muster transformierten all die unterschiedlichen Empfindungen in neue Vorstellungen und Verarbeitung von Kleidung.
Ideen von Entfesselung und Einengung, gezeichnete Protestworte und Sätze zur Veränderung und Vergangenheit. Umsetzung von Tradition und Dystopie, von erdrückendem Zwang bis sagenhafter Schlichtheit, von Schutz bis Hoffnung, von farbenfroher Heiterkeit bis düsterer Angst oder simpler Schönheit … Alle Gefühle konnten frei ausgedrückt in eine persönliche Umsetzung finden.

Für uns als Begleiter:innen der Workshops war es eine wertvolle Erfahrung, die echte Stärkung mancher Frauen zu erleben, die sie durch die Gemeinschaft und vertrauensvolle Zusammenarbeit erfahren haben.

Birgit Schwitalla

EIN BERICHT AUS DER STUTTGARTER WERKSTATT
EIN BERICHT AUS DER STUTTGARTER WERKSTATT

Ein neues Projekt zu beginnen, ist ein wenig wie eine Reiseplanung – man bereitet sich lange vor, entscheidet sich für eine Richtung, in die es gehen soll, wählt die Weggefährten und packt die Koffer. Für dieses Projekt waren in den Koffern Nähmaschinen, Stoffe, Garne, Farben, Pinsel und verschiedenes Werkzeug. Die Phase der Vorbereitung gestaltete sich als recht lang und umfangreich. Anträge mussten gestellt, Gelder beantragt und ein geeigneter Raum gefunden werden. Wenn dann die Reise – das Projekt – wirklich beginnt, ist eine gute Vorbereitung sehr hilfreich, das Wichtigste ist aber, dass man sich darauf einlässt und dem Prozess vertraut. Denn der kreative Prozess ist Ausgang immer ungewiss.

Wir wussten zwar, wer sich angemeldet hatte, wer tatsächlich kommen würde, blieb jedoch eine Überraschung. Am ersten Wochenende kamen weniger Teilnehmerinnen als geplant, es stellte sich aber heraus, dass dies eher ein Vorteil war, da es sich als größere Herausforderung darstellte, den Inhalt und das Ziel des Projektes zu erläutern. Die Fragen, die auf der Website als Orientierung zur Verfügung gestellt waren, halfen, sich dem Thema anzunähern, auch wenn es aufgrund der Sprachbarriere nicht ganz einfach war, sie zu bearbeiten. Mit der Zeit fanden wir jedoch einen guten Weg, miteinander zu kommunizieren und es entstanden erste Entwürfe. Ein gemeinsamer Einkauf im Stoffladen rundete den ersten Tag ab und ermöglichte, am nächsten Tag richtig aktiv zu werden. Während wir gemeinsam arbeiteten, entstanden immer wieder interessante Gespräche, sofern es sprachlich möglich war, und wir erfuhren etwas über die Geschichte der Frauen, in dem Maß, in dem sie sich öffnen wollten, und man konnte ein erstes zartes Gefühl von Vertrauen wahrnehmen.

Am zweiten Wochenende des Projekts begegneten wir uns bereits mit einer größeren Vertrautheit und begannen mit einer gemütlichen Gesprächsrunde. Aufgrund des Bahnstreiks waren wir wieder weniger Teilnehmer als gedacht, dies ermöglichte jedoch, uns den Anwesenden ausgiebiger zuzuwenden, und wir stellten fest, dass dies sinnvoll und auch nötig war. Wir sprachen mit ihnen über ihre aktuelle Situation, Unterstützungsmöglichkeiten, aber auch über den Umgang mit Rassismus, Ablehnung und Ängsten. Die Gruppe war schon merkbar zusammengewachsen und wir konnten wahrnehmen, dass dies den Teilnehmerinnen Halt und Geborgenheit gab. Die Kunstwerke schritten voran, und am Ende des Wochenendes waren wir sehr stolz auf die geschaffenen Exponate.

Nun steht uns ein letzter Termin bevor, und wir freuen uns darauf, die Teilnehmerinnen wiederzusehen und die Kunstwerke fertigzustellen. Im Rückblick kann ich für mich sagen, dass ich sehr froh bin, mich auf dieses Projekt eingelassen zu haben. Über welches Medium sich man den kreativen Kräften im Inneren bedient, ist vielleicht gar nicht so wichtig – über das, das vorgegeben war, hat es meiner Wahrnehmung nach sehr gut funktioniert. Wir konnten den Teilnehmerinnen über die Arbeit an den Kunstwerken eine Möglichkeit geben, sich sanft ihren inneren Themen anzunähern und sie auf ihre Weise auszudrücken. Es bleibt dabei nicht aus, dass dies auch schmerzhafte Anteile aufdeckt und weckt, aber wir hatten den Eindruck, dass wir diese dunklen Momente gut auffangen konnten und die Teilnehmerinnen in ihren Prozessen so unterstützen konnten, dass es für alle eine positive Erfahrung wurde. Ein zentrales Moment bei der Auseinandersetzung mit der Thematik „Flucht“ ist die Einsamkeit, und die Erfahrung einer zugewandten, wohlwollenden Gruppe kann dies zumindest für eine Weile lindern.

Ich persönlich nehme von diesem Projekt eine tiefe Ehrfurcht vor diesen Frauen mit, die mit unglaublichem Mut und Durchhaltevermögen in einer Welt behaupten, die ihnen oft nicht wohlgesonnen ist. Und auch vor denen, die es nicht müde werden, all die zu unterstützen, die Hilfe benötigen. Es ist eine besondere Magie, wenn man beginnt, ohne Sprache miteinander zu kommunizieren, auf einer Ebene, bevor Worte entstehen. Da sich auch das Schaffen von Kunst auf dieser Ebene bewegt, zeigte sich mir das Projekt als sehr stimmig und gut funktionierend, und wir bekamen von den Teilnehmerinnen ebendiese Rückmeldung – gekoppelt mit dem Wunsch, es zu wiederholen oder weiterzuführen.

Sarah Mast, Kunsttherapeutin, Stuttgart

DIE PANDEMIE IST VORBEI
DIE PANDEMIE IST VORBEI

Die Pandemie ist vorbei, und endlich können Workshops stattfinden.
Von Anfang an war Textile Touches so geplant, dass in gemeinsamen Werkstatträumen Menschen mit ganz verschiedenen Erfahrungen und ganz unterschiedlicher Herkunft zusammen kommen. Dem Anderen/der Anderen begegnen, während am gleichen Thema kreativ gearbeitet wird, das ist es, was ich initiieren wollte. In Stuttgart finden nun die ersten statt, was mich sehr freut.
Ich arbeite daran, dass viele weitere Städte folgen.

Obwohl Flucht immer traurige Ursachen hat, stelle ich mir noch immer vor, dass Kleid-Kunstwerke entstehen, die sehr vielfältige Emotionen und Erfahrungen zeigen. Vielleicht gibt es Freude darüber, jemandem begegnet zu sein, der/die das Leben bereichert. Oder es findet interessante Reibung statt.

Offensichtlich werden Flucht, Migration und Integration uns auch in den nächsten Jahren begleiten. Mit dem Krieg in der Ukraine rückt die Thematik für mich persönlich näher denn je. Den Fremden/die Fremde zum Freund/zur Freundin machen ist mein tiefer Wunsch.

Irene Schüller, Initiatorin des Projektes

EINLADUNG ZUR BETEILIGUNG AN DER KOLLEKTION RETTUNGSWESTE
EINLADUNG ZUR BETEILIGUNG AN DER KOLLEKTION RETTUNGSWESTE

Da mir unendlich viele Bürohemden gratis zur Verfügung gestellt wurden, begann ich zu überlegen, was ich damit machen könnte. Eine Frau in Moria erzählte mir, dass schwarze Kleidung auf der Flucht besonders praktisch sei, da man sich damit bei Nacht gut verstecken könne. Die Rettungsweste als Symbol für die Flucht über das Mittelmeer schlechthin sollte die Form darstellen. Ich färbte die Hemden schwarz, um den Stoff als Ausgangsbasis für Westen zu nehmen. Da ich Pflanzenfarbe verwendete, wurde das Ergebnis mehr violett als schwarz. Violett als Symbolfarbe für Transformation entspricht sogar noch mehr der thematischen Aussage dieses Vorhabens. Die Schneiderin Inessa Reifschneider schneiderte eine erste Weste, die nun als Prototyp dient.

Wer sich an einer seriellen Arbeit – bestehend aus violettfarbenen Rettungs-Westen – beteiligen möchte, kann eingefärbte, getragene Bürohemden im Atelier abholen. Die Stoffe können natürlich auch selbst eingefärbt werden (bitte nur umweltfreundliche Pflanzenfarbe verwenden). Getragene Hemden sind erfahrungsgemäß in jedem Secondhandladen erhältlich.

Irene Schüller, Initiatorin des Projektes

MEIN BEITRAG FÜR DIE AUSSTELLUNG
MEIN BEITRAG FÜR DIE AUSSTELLUNG

In den ersten Monaten nach meiner Rückkehr von Lesbos versuchte ich mich zunächst selbst an der Nähmaschine. Allerdings war ich noch nicht zufrieden mit meinen Ergebnissen. Mit Unterstützung der Kostümbildnerin Gesine Habermann aus Frankfurt konzipierte ich meine eigene Arbeit für die Ausstellung, die nun den Titel „Long Time No See“ trägt. Das Kleid-Kunst-Werk selbst, eine Fotografie sowie ein dokumentarischer Film dazu waren bereits in Freiburg im Karl Rahner Haus (Link zu „Long Time No See“) zu sehen. In „Textile Touches of Escape and Migration“ wird es erstmals Besucher*innen zur Anprobe zur Verfügung stehen.

Irene Schüller, Initiatorin des Projektes

ERFAHRUNGEN IN MORIA UND KLEIDERKREISLÄUFE
ERFAHRUNGEN IN MORIA UND KLEIDERKREISLÄUFE

Um die Menschen zu schützen, mit denen ich so eng in Kontakt war und die mir ihre teils sehr persönlichen Geschichten erzählten, verzichte ich auf die Veröffentlichung von Fotos von ihnen. Eine Geschichte berührte mich jedoch besonders, sodass ich sie hier teilen möchte. Es ist die Geschichte einer jungen Afghanin, selbst eine Modedesignerin! Sie flüchtete aus Afghanistan, da ihre Eltern sie als fünfte Frau mit einem 30 Jahre älteren Mann verheiratet hatten. Verliebt in einen Jungen ihres Alters, flüchtete sie in den Iran und schaffte es, dort eine Ausbildung in Modedesign erfolgreich abzuschließen und anschließend für Film und Fernsehen zu entwerfen. Als ihre Familie sie allerdings dort aufspürte, musste sie sofort untertauchen, da ihr sonst die Steinigung wegen Ehebruchs gedroht hätte.

Mir wurde schnell klar, dass kaum jemand, den*die ich im Lager Moria traf, noch seine*ihre ursprüngliche Kleidung trug. Auf der Route (von Afghanistan, Syrien, Nordafrika… bis nach Moria) hatte es mehrere Stationen gegeben, an denen Kleider ausgetauscht worden waren. Die Flüchtenden, die zu der Zeit von Frontex oder verschiedenen NGOs geborgen wurden und auf Lesbos ankamen, gaben im Erstaufnahmelager in der Regel ihre nassen Kleider ab und wurden dort sofort mit trockenen versorgt. Genauer: mit trockenen Kleidern, die zuvor von anderen Geflüchteten dort abgegeben worden waren und, nun gewaschen, den Neuankömmlingen zur Verfügung gestellt wurden. Ein ausgefeiltes System, das dazu beiträgt, dass Menschen immer wieder in eine neue Kleideridentität schlüpfen.

Irene Schüller, Initiatorin des Projektes

ERFAHRUNGEN AN DEN UFERN
ERFAHRUNGEN AN DEN UFERN

Erst auf Lesbos wurde mir klar, dass die Fluchtsituation die griechischen Inseln auch vor ökologische Herausforderungen stellt. Viele der Fluchthilfen werden an den Ufern zurück gelassen. NGOs versuchen, über Beach-Clean-Aktionen zu helfen. Im Norden der Insel gab es damals zudem eine Sammelstation für die zurückgelassenen Rettungswesten – ein „Life-Vest-Graveyard“ – und verschiedene Ideen, diese zum Beispiel zu Handtaschen oder Geldbeuteln weiterzuverarbeiten.

Irene Schüller, Initiatorin des Projektes